Schlaflos – warum sind unsere Sorgen in der Nacht schlimmer?

«Habe ich meinem Sohn alles eingepackt für den Schulausflug morgen? Sind die wichtigen Mails heute Nachmittag richtig formuliert rausgegangen? Eigentlich sollte ich mich mehr um meine kranke Mutter kümmern, wie könnte ich ihr eine Freude bereiten?» Solche oder ähnliche Gedanken halten uns oft vom Schlaf ab. Wie ein Karussell kreisen unsere Gedanken um ein Problem – nahezu unmöglich dieses Geschehen zu stoppen. Aus einem problematischen Gespräch mit dem Chef wird plötzlich die Kündigung, das kleine Unwohlsein von heute ist sicherlich eine tödliche Krankheit: In der Nacht werden aus Mücken Elefanten, die kurz nach dem Aufwachen zum Glück wieder davonziehen.

Warum halten uns Gedanken wach?

Der Alltag lässt viele nachts nicht zur Ruhe kommen. Studien belegen, dass Frauen doppelt so häufig an Schlafstörungen leiden wie Männer. Dies liegt einerseits im weiblichen Zyklus begründet, anderseits lässt die Evolution Frauen weniger tief schlafen. Frauen sind auch in der Nacht für ihren Nachwuchs verantwortlich und hören, wenn ihre Kinder aufwachen. Doch warum verwandeln sich bei beiden Geschlechtern teilweise Kleinigkeiten in gravierende Probleme?
Einerseits sind hormonelle Gründe dafür verantwortlich:
– In der Nacht wird das Hormon Melatonin verstärkt ausgeschüttet. Frühmorgens zwischen drei und vier Uhr arbeitet der Körper «nur» auf Sparflamme. Unser Organismus hat ein Leistungstief, die Körpertemperatur ist zu dieser Uhrzeit am tiefsten. Wir sind sowohl körperlich als auch seelisch «am Tiefpunkt». Idealerweise befinden wir uns dann im Tiefschlaf befinden. Liegen wir dann allerdings hellwach im Bett, sinkt infolge der erhöhten Melatonin Konzentration die Laune.

– Der zweite Grund liegt praktisch auf der Hand: nachts sollten und wollen wir schlafen. Wälzen wir uns stattdessen hin und her, zweifeln an uns und fördern damit das Grübeln. Während wir tagsüber aktiv sind und uns ablenken können, bieten die Dunkelheit und Einsamkeit der Nacht den perfekten Nährboden für unsere Sorgen.

Das nächtliche Gedankenkarussell stoppen

Die Tatsache, dass unser Hormonhaushalt mitverantwortlich ist für die nächtlichen negativen Ge-danken und Sorgen, kann entlasten. Die Gewissheit, dass am Morgen die Probleme nur halb so schlimm und die Laune wieder besser ist wirkt zudem beruhigend.
Folgende Tipps können zusätzlich helfen, das nächtliche Gedankenkarussell zu stoppen:

Schönen Gedanken Platz machen Ein ruhiger Geist ist absolut zwingend zum Einschlafen. Anstatt über Probleme oder Sorgen zu grübeln, sollten wir an etwas Schönes denken, was uns jedoch nicht aufregt.
Den Schlaf nicht herbeisehnen Auch wenn es schwerfällt, Betroffene sollten versuchen, sich von der Anspannung und dem dringenden Wunsch nach Schlaf zu lösen. Denn wer über Schlaf nachdenkt, bleibt wach. Hilfreicher ist es, den Zustand des Wachseins zu akzeptieren. Dadurch lassen die Anspannung und Angst vor einer weiteren schlaflosen Nacht nach. In der Folge sinkt der Stresslevel und das Einschlafen wird begünstigt.
Aufstehen anstatt sich hin und her zu wälzen Stundenlanges hin und her wälzen im Bett fördert das Einschlafen nicht. Oft ist aufstehen die bessere Alternative. Ebenfalls sollte der Blick auf die Uhr oder das Handy vermieden werden. Stattdessen könnte man in einem schwach beleuchteten Raum alle Gedanken niederschreiben mit dem Schlusssatz «Das kann bis morgen warten».

Leiden Betroffene jedoch über einen längeren Zeitraum unter dieser nächtlichen Grübelei und enden diese in einem regelrechten Morgentief, kann eine Depression dahinterstecken.

Zum Autor
Fabian Müller, studierte Psychologie in Zürich und schloss sein Studium mit einem Master in klinischer Psychologie ab. Aktuell absolviert der Psychologe die Weiterbildung „Psychotherapie mit kognitiv-behavioralem und interpersonalem Schwerpunkt“ am Klaus-Grawe-Institut in Zürich. Während dem Studium arbeitete er im Schlaflabor Fluntern in Zürich. Nach seinem Abschluss arbeitete er in der Klinik St. Pirminsberg in Pfäfers und war dort als Stationspsychologe auf der Entwöhnungsstation und Praktikumskoordinator im Bereich Psychologie tätig. Seit März 2019 arbeitet der Psychologe bei uns im Clinicum Alpinum.

Haben Sie Fragen zu dieser Thematik?
Wünschen Sie mehr Informationen?
Können wir Ihnen als Betroffene oder Angehörige Hilfe anbieten?
Rufen Sie uns an +423 238 85 00
oder schreiben Sie uns gerne jederzeit office@clinicum-alpinum.li.
Wir sind für Sie da.

Teilen mit: