Ab 65 Jahren spricht man üblicherweise von Altersdepression. Die Gerontopsychiatrie nennt die Erkrankung allerdings nicht „Altersdepression“, sondern „Depression im Alter“, da es sich in jedem Alter um dieselbe Krankheit handelt. Mehr als 20 % aller alten Menschen sind Schätzungen zufolge von der Volkskrankheit Depression betroffen. Altersdepression ist, wie Depression in jedem Lebensalter, vor allem ein weibliches Phänomen, d.h. überwiegend sind Frauen betroffen.
Welche Symptome weisen auf eine Altersdepression hin?
Altersdepression wird allerdings oft nicht richtig erkannt bzw. mit Demenz verwechselt. Schwierig ist für die Diagnose nicht nur, dass die Symptome der Demenz ähnlich sind, sondern dass auch oft unspezifische körperliche Beschwerden für die Betroffenen im Vordergrund stehen: Wenn sie beim Arzt von Magen-Darm-Problemen oder Schwindel berichten, suchen Hausärzte meist erst nach körperlichen Ursachen und Behandlungen für diese Symptome – es kann daher dauern, bis die Depression richtig erkannt wird. Die üblichen Symptome wie Antriebslosigkeit, Bedrücktheit, Konzentrationsprobleme und Niedergeschlagenheit treffen auch auf die Altersdepression zu. Als Begleitsymptome treten oft körperliche Beschwerden wie Magen-Darm-Probleme oder Schlafstörungen auf.
Altersdepression von Demenz unterscheiden
Auch wenn die beiden Krankheitsbilder einander ähneln, gibt es doch deutliche Unterschiede:
– Der Krankheitsverlauf bei der Altersdepression ist langsamer als bei der Demenz, auch wenn die Symptome ähnlich sind.
– Für Demenzkranke sind Stimmungsschwankungen typisch, bei depressiven Menschen ist die Stimmungsveränderung eher konstant.
– Demenzkranke verleugnen oft die Symptome oder suchen die Ursachen für ihre Probleme außerhalb, depressive Personen dagegen geben sich oft selbst die Schuld für ihren Zustand.
– Depressive ältere Personen sind in der Regel nicht desorientiert, d.h. sich darüber im Klaren, wo sie sich befinden, wer andere Personen sind, welcher Wochentag ist, usw.
Gegen die Einsamkeit: Auslöser erkennen und ihnen entgegenwirken
Es kann der neue Lebensabschnitt in der Rente sein, der ältere Menschen „aus der Bahn wirft“, weil die Tagesroutine sich vollkommen verändert und das Gefühl aufkommen kann, nicht mehr gebraucht zu werden. Hinzu kommt oft ein Gefühl der Einsamkeit – wobei die Frage, ob Einsamkeit Ursache oder Symptom von Depressionen ist, schwierig zu beantworten ist. Der Verlust von Lebenspartner und nahestehenden Personen kann dazu führen, dass ältere Personen den Eindruck haben, dass sie „allein übrig bleiben“. Nicht verwechselt werden sollte aber die Trauer dem Verlust eines geliebten Menschen mit Depressionen, denn trauernde Menschen sind nicht depressiv. Ob und wie der Umgang mit diesen sich verändernden Lebensumständen im Alter gelingt, hängt von der individuellen Situation ab.
Mit der Depression im Alter umgehen lernen
Allgemein gesprochen helfen ein reges Sozialleben und Hobbys dabei, einen strukturierten Tagesablauf zu behalten und nicht zu vereinsamen. Auch sollten ältere Menschen darauf achten, sich körperlich fit zu halten, da auch das körperliche Wohlbefinden einen großen Einfluss auf die mentale Verfassung hat.
Angehörige und Freunde können einer depressiven Person durch Verständnis helfen: Die Symptome ernst zu nehmen und gut gemeinte Ratschläge zu vermeiden kann sehr hilfreich sein, da diese oft negativ aufgenommen werden und sich die Betroffenen ohnehin oft selbst die Schuld an ihrem Zustand zuweisen. Wenn der depressive Zustand zum Hauptthema der betroffenen Person wird und sie sich intensiv damit zu beschäftigen scheint, ist es auf jeden Fall höchste Zeit, professionelle Hilfe zu suchen.
Ist eine depressive Person in Behandlung, können Angehörige helfen, indem sie bei der Terminvereinbarung unterstützen und zur Therapie begleiten. Auch können sie zur medikamentösen Behandlung beitragen: Hierbei ist es vor allem wichtig, genau zu wissen, welche Medikamente der Betroffene einnimmt, um Wechselwirkungen mit Antidepressiva zu vermeiden.
Eine Altersdepression ist daher, wie in jedem Alter, eine Belastung für den Betroffenen – wird sie aber rechtzeitig erkannt, kann sie gut behandelt werden.
Zum Autor
Dr. med. Marc Risch, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Er studierte Humanmedizin in Zürich und Innsbruck und schloss sein Studium in Innsbruck mit einem Doktorat ab. In den weiteren Jahren absolvierte er vertiefende Ausbildungen unter anderen in den Bereichen Krisenintervention, wo er zusammen mit seiner Frau als Ausbildner für das Rote Kreuz tätig war. Seit 2012 führt der Psychiater seine eigene Praxis in Schaan und arbeitet als Chefarzt im Clinicum Alpinum.
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