Depression bei Kindern und Jugendlichen

Gedrückte und veränderte Stimmung, Rückzug, Aggressivität, extreme Ängstlichkeit, keine Lust zum Spielen, … all dies können Anzeichen für eine Depression bei Kindern sein. Oft nimmt man Traurigkeit, Ängstlichkeit oder rebellisches Verhalten bei Kindern und Jugendlichen nicht richtig ernst. Gerade bei Teenagern werden diese Ausdrücke oft auf die Pubertät geschoben. Dies ist unter anderem der Grund weshalb eine Depression bei Kindern und Jugendlichen leicht übersehen wird.

Depression macht sich oft durch Verhalten spürbar

Kleine Kinder können ihre Gefühle noch nicht artikulieren und drücken diese durch ihr Verhalten aus. Anstelle der klassischen Symptome einer Depression wie Niedergeschlagenheit oder Antriebslosigkeit, zeigt sich die depressive Verstimmung bei Kindern oft in Wutausbrüchen, starkem Weinen oder Verhaltensveränderung. Oftmals äussern die Kleinsten dies mit körperlichen Beschwerden wie «Bauchweh» oder «Kopfweh», da sie nicht in der Lage sind, bspw. Niedergeschlagenheit zu benennen. Umso älter die Kinder sind, desto mehr ähneln die Symptome denen von Erwachsenen. Gerade bei Teenagern gilt es nochmals genau hinzuschauen. In der Pubertät ist ein gewisses Mass an Traurigkeit und Verzweiflung, Teil der normalen Entwicklung. Dennoch müssen diese Verstimmungen immer ernst genommen werden.
Folgende Symptome können bei Kindern und Jugendlichen je nach Alterskategorie auf eine Depression hinweisen:

Kleinkind (1-3 Jahre):
– trauriger Gesichtsausdruck
– übertriebene Ängstlichkeit
– starke Anhänglichkeit
– kein Interesse am Spielen
– verändertes Essverhalten

Vorschulkind (3-6 Jahre):
– wirkt traurig und apathisch
– Mimik und Gestik ist vermindert
– zieht sich zurück und verhält sich aggressiv
– hat keine Freude mehr am Spielen oder anderen Tätigkeiten
– veränderter Appetit

Schulkind (6-12 Jahre):
– spricht über die Traurigkeit
– äussert Suizidgedanken
– schlechtere schulische Leistung
– hat starke Ängste
– leidet an unbegründeten Schuldgefühlen
– veränderte Essgewohnheiten
– fühlt sich von den Eltern vernachlässigt

Jugendliche (13-18 Jahre):
– sehr geringes Selbstvertrauen
– zieht sich vom sozialen Umfeld zurück
– schulische Leistungen brechen plötzlich ein
– hat Suizidgedanken
– verletzt sich selbst
– ist ängstlich, teilnahmslos und antriebslos

Nicht alle Symptome deuten zwangsläufig auf eine depressive Erkrankung hin. Dennoch ist es aus nachfolgenden zwei Gründen wichtig, bei einem Verdacht oder verändertem Verhalten frühzeitig professionelle Hilfe beizuziehen:

1. Depressionen haben generell eine Neigung zur Chronifizierung – je länger sie anhält, desto schwerer und hartnäckiger werden die Symptome. Dadurch wird auch die Behandlung erschwert. Wenn bei einer Erkrankung rechtzeitig reagiert wird, kann mit geringeren und kürzeren Interventionen eine Besserung hergestellt werden.

2. Depressionen haben eine große Auswirkung auf das Alltagsleben der Jugendlichen. In Anbetracht dessen, dass der Zeitraum des Kindes- und Jugendalters ein besonders ereignisreicher und zukunftsweisender ist, kann eine Depression Einfluss auf die weitere Entwicklung wie die Schulbildung oder die Berufswahl haben.

Ursachen der Depression sind individuell und unterschiedlich

Die Ursachen einer Depression sind genau wie bei Erwachsenen,auch im Kindes- und Jugendalter sehr unterschiedlich und individuell. Klassische Auslöser sind sogenannte „Life-Events“: Umzug, Trennung der Eltern, Verlust oder Erkrankung eines Elternteils, Schulstress, schulische Belastungen wie Mobbing. Als besonders schwere „Life-Events“ sind Vernachlässigungs-, Misshandlungs- oder Missbrauchserfahrungen zu sehen. Weiter kann eine ständige Über- oder Unterforderung oder andauernde Streitbeziehungen zu depressiven Symptomen führen.
Zudem birgt gerade die Pubertät ein besonders Risiko für Jugendliche. Diese Zeit ist mit viel Veränderungen, Unsicherheiten und grossen Herausforderungen verbunden. Jugendliche grenzen sich von den Eltern ab, setzen sich mit der eigenen Identität und dem verändertem Körperbild auseinander. Gleichzeitig führt die hormonelle Veränderung zu einer Achterbahn im Körper und spielt deshalb eine wesentliche Rolle. All diese Verunsicherungen können die Entstehung einer Depression begünstigen.

Wo finden Jugendliche und Kinder Hilfe?

In erster Linie sollte man sich an einen Kinder- und Jugendpsychiater oder fachspezifischen Psychotherapeuten wenden. Diese Fachpersonen sind in der Lage eine fundierte Diagnose zu stellen und die nötige Therapie in die Wege zu leiten. Leidet ein Kind oder ein Jugendlicher an leichten Depressionen reicht oft eine Kurzintervention, z.B. in Form einer Beratung oder einer unterstützenden Beobachtung.
Bei einer schweren Depression, wenn ein Schulbesuch nicht mehr möglich ist, viele soziale Kontakte weggebrochen sind oder gar Suizidgedanken bestehen, muss eine voll- oder teilstationäre Behandlung in einer kinder- und jugendpsychiatrischen Klinik in Betracht gezogen werden. Antidepressiva können helfen, dass die Psychotherapie besser wirken kann. Der Einsatz von Medikamenten bei jungen Patienten wird nur auf die sehr hartnäckigen und mittel bis schwer depressive Fälle begrenzt.

Zum Autor
Bettina Thaler war nach ihrer ersten Grundausbildung als Sozialpädagogin ich in der Jugendarbeit, später in der ambulanten sozialpsychiatrischen Beratungsstelle tätig. Ihrer Grundausbildung zur Sexualtherapeutin an der Universität Innsbruck und Jena folgte eine Zusatzausbildung für Paar- und Sexualtherapie bei Ulrich Clement. Weitere berufliche Erfahrungen machte Bettina Thaler in der Betreuungsarbeit im Frauenhaus sowie im Aufbau und der Leitung der Beratungsstelle für Schwangerschaft und Sexualität in Sargans (CH). Zudem betreibt Bettina Thaler seit 5 Jahren eine eigene Praxis. Im Clinicum Alpinum ist sie seit 2019 als Therapeutin tätig.

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