Depression: Kinder leiden unter der Krankheit der Eltern

Depressionen sind grausam. Nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für deren Kinder. Wie gelingt ein unbeschwertes Aufwachsen hinter einem «grauen Vorhang»? Ohne Hilfe eigentlich gar nicht!

Kinder im Schatten der Erkrankung der Eltern

Weit mehr als 50’000 Kinder in der Schweiz wachsen mit einem psychisch kranken Elternteil auf. Schon für eine Beziehung sind Depressionen eine Bürde.Allerdings können Ehepartner oder Lebensgefährte einfach die Koffer packen und gehen. Kinder nicht. Sie sind der Krankheit ihrer Eltern ausgesetzt und diese hinterlässt oft Spuren in deren Seelen. Kinder von erkrankten Eltern verlieren ihr Urvertrauen. Dies kann für die eigene Entwicklung dramatisch sein. Ungefragt übernehmen viele der betroffenen Kinder die Verantwortung für den erkrankten Elternteil, regeln den Haushalt und helfen mit, die Krankheit für die Aussenwelt unsichtbar zu machen. Viele Kinder machen sich grosse Sorgen oder haben Schuldgefühle. Sie denken, sie hätten sich falsch verhalten, seien frech oder nicht nett genug gewesen und deshalb sei z.B. die Mutter traurig. Gleichzeitig können sie sich (teilweise aus Scham) niemandem anvertrauen. Denn die Aussenfassade der Familie muss intakt bleiben. Experten nennen dieses Verhalten «Parentifizierung», d.h. Kinder übernehmen den Erwachsenenpart. Oft realisieren sie erst nach dem Auszug aus dem Elternhaus, dass ihre Erlebnisse ausserordentlich waren.

In Therapiemanualen sind Kinder oft inexistent

Wie erklären erkrankte Mütter oder Väter, dass sie zurzeit keine Kraft haben? Dass sie einige Wochen in die Klinik müssen? Wer kümmert sich in dieser Zeit um die Kinder? Oft wird im
Behandlungsplan nicht an die Kinder der erkrankten Personen gedacht. Schlaft, Appetit, Arbeit, Beziehung, Bewegung – all diese Aspekte werden abgefragt. Doch das Wohlergehen der Kinder ist meist inexistent. Im besten Fall, weiss der behandelnde Psychiater noch, wer die kleinen Kinder während des Klinikaufenthaltes seiner Patientin betreut. Sind die Kinder jedoch älter als zehn oder elf Jahre, interessiert sich keiner mehr dafür. «Sie sind ja gross genug», so die Auffassung. Doch hier braucht es dringend ein Umdenken! Kinder von kranken Eltern brauchen zwingend Hilfe und Unterstützung. Warum klafft hier eine so grosse Lücke im System? Neben den Hemmungen ist oft die Unfähigkeit, das Fachwissen in Kindersprache zu übersetzen der Grund.

Präventive Strategie zahlt sich aus

Ein depressiver Elternteil gilt als grosser Risikofaktor für die (spätere) Entwicklung einer Depression bei Kindern und Jugendlichen. Dieser Risikofaktor liegt nicht nur in der Genetik begründet, sondern auch in der veränderten Umwelt, in welcher betroffene Kinder aufwachsen.
Diese Umwelt bzw. dieses Umfeld können verändert werden. Wissenschaftler sind sich sicher, mit-tels Prävention, Kinder vor einer negativen Entwicklung schützen zu können. Erfahren betroffene Kinder mehr über die Krankheit und lernen, wie mit den Depressionen der Eltern umzugehen, ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung getan. Bettina Thaler, Therapeutin im Clinicum
Alpinum, ist sich sicher, dass «Kinder am besten durch Training und Aufklärung mit Fachpersonen geholfen werden kann». Viele Eltern haben Angst ihre Kinder mit der Krankheit zu belasten. Die Erkrankung wird zu einem Tabuthema innerhalb der Familie. Doch Kinder spüren sehr schnell, dass etwas nicht stimmt. Wird aber nicht offen darüber gesprochen, haben sie keine Möglichkeit dieses Thema einzuordnen und sind mit der Situation überfordert und alleine gelassen.
Haben Kinder jedoch frühzeitig eine Fachpersonen an ihrer Seite, lernen sie Methoden, um im Alltag besser mit schwierigen Situationen umzugehen und eine Negativspirale zu vermeiden.

Zum Autor
Bettina Thaler war nach ihrer ersten Grundausbildung als Sozialpädagogin ich in der Jugendarbeit, später in der ambulanten sozialpsychiatrischen Beratungsstelle tätig. Ihrer Grundausbildung zur Sexualtherapeutin an der Universität Innsbruck und Jena folgte eine Zusatzausbildung für Paar- und Sexualtherapie bei Ulrich Clement. Weitere berufliche Erfahrungen machte Bettina Thaler in der Betreuungsarbeit im Frauenhaus sowie im Aufbau und der Leitung der Beratungsstelle für Schwangerschaft und Sexualität in Sargans (CH). Zudem betreibt Bettina Thaler seit 5 Jahren eine eigene Praxis. Im Clinicum Alpinum ist sie seit 2019 als Therapeutin tätig.

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