Depression: Woran scheitern oft viele Behandlungen?

Richtig behandelt, ist die Depression heutzutage meist heilbar. Trotzdem kommt es oft vor, dass wirksame und gut verträgliche Behandlungen häufig nicht eingesetzt werden. Die Depression wird übersehen und in ihrer Schwere unterschätzt. Dafür gibt es mehrere Gründe:

– Betroffene erleben die Depression als Zeichen der persönlichen Schwäche und des Versagens. Sie schämen sich den Arzt aufzusuchen. Depressiv Erkrankte sind oft auch zu hoffnungs- und kraftlos, um Hilfe aufzusuchen.

– Oft befinden sich depressive Patienten beim Hausarzt in Behandlung. Da die Betroffenen meist körperliche Beschwerden in den Vordergrund stellen, ist es für den Hausarzt häufig schwierig eine Depression zu diagnostizieren. Die körperlichen Symptome stehen im Vordergrund und die zugrunde liegende Depression wird nicht erkannt.

– Weniger als die Hälfte der Patienten erhält eine konsequente, antidepressive Behandlung, selbst wenn die Depression erkannt wird. Ursache dafür sind, dass:
o keine wirksame Behandlung verordnet wurde
o Patienten das Angebot der Psychotherapie ablehnen
o Betroffene die Behandlung, z.B. die Einnahme von antidepressiven Medikamenten aus Angst oder mangelnder Aufklärung nicht einhalten bzw. vorzeitig abbrechen.

– Die Therapiedauer wird häufig nicht genügend lange eingehalten. Alle internationalen Leitlinien empfehlen bei einer Depression eine Behandlungsdauer von mindestens sechs bis neun Monaten. Die Praxis zeigt jedoch, dass die Dauer einer Therapie maximal bei drei bis vier Monaten liegt. Grundsätzlich aber gilt, dass die Therapie bis zum vollständigen Abklingen aller Symptome durchzuführen ist. Insbesondere die kognitiven Einschränkungen werden oft übersehen. So können die Aufmerksamkeit, die Konzentration, das Gedächtnis und die Ausführungsfunktionen, d.h. das Planen und Ausführen von Handlungen im Rahmen der Depression beeinträchtigt sein und werden oft nicht genügend beachtet.

Am Beispiel der häufig nicht erkannten oder unzureichenden Depression wird die Bedeutung für eine nachhaltige Therapie besonders deutlich. Unbehandelt oder zu kurz behandelte Depressionen können zu einem chronifizierten Krankheitsbild führen. Bei älteren Menschen kann dies sogar ein potentieller Risikofaktor für die spätere Entstehung einer Demenz sein.
Oberstes Therapieziel stellt daher die nachhaltige Behandlung der Depression dar, die zur Genesung führt. Dies bedeutet, dass Patientinnen und Patienten auch nach dem Abklingen von depressiven Symptomen mindestens über einen Zeitraum von sechs Monaten weiter begleitet werden. In dieser wichtigen Erhaltungsphase der Therapie sollte die medikamentöse Unterstützung (z.B. mit Antidepressiva) nicht abgebrochen werden. Denn erst wenn länger als sechs Monate keine Symptome mehr auftreten, gelten Betroffene als geheilt.

Zum Autor
Dr. med. Marc Risch, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Er studierte Humanmedizin in Zürich und Innsbruck und schloss sein Studium in Innsbruck mit einem Doktorat ab. In den weiteren Jahren absolvierte er vertiefende Ausbildungen unter anderen in den Bereichen Krisenintervention, wo er zusammen mit seiner Frau als Ausbildner für das Rote Kreuz tätig war. Seit 2012 führt der Psychiater seine eigene Praxis in Schaan und arbeitet als Chefarzt im Clinicum Alpinum.

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