«Depressiv, aber keiner merkt wie schlecht es dir wirklich geht…»

Erfolgreich im Job, aktiv im Verein und trotzdem depressiv – geht das? JA! Bei einer sogenannten klinischen Dysthymie haben Betroffene nach aussen hin alles im Griff, leiden aber innerlich. Hinter dieser scheinbaren Normalität verbirgt sich jedoch eine Art Depression, die sich jahrelang durch sehr ernste Episoden äussern und zu einer Chronifizierung der Erkrankung führen kann.

Aussen erfolgreich – innen leer

Während die meisten depressiven Menschen neben Traurigkeit, Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit unter einer starken Antriebslosigkeit sowie Leistungseinbrüchen leiden und den Alltag als Über-forderung erleben, gibt es immer wieder auch Betroffene bei denen dies nicht zutrifft. Diese Personen sind leistungsfähig im Beruf und oftmals aktiv in ihrer Freizeit, von aussen sind depressive Symptome kaum wahrnehmbar.
Dass jedoch beim Betreten im Büro der ständige Gedanken «ich kann nicht mehr» im Kopf der Betroffenen kreist, merkt niemand. Ebenso wenig, dass sie am Abend im Bett wieder ihr Leben bzw. ihr Dasein infrage stellen werden. Obwohl diese Menschen auf den ersten Blick nicht als depressiv wahrgenommen werden, leiden sie teilweise unter recht ähnlichen Symptomen wie bei der «klassischen» Depression: innere Leere, geringes Selbstwertgefühl, Hoffnungslosigkeit – das ganze Programm. Der wesentliche Unterschied ist: sie können ihren Alltag noch bewältigen, gehen arbeiten, haben Erfolg im Job. Für viel mehr reicht ihre Energie jedoch oft nicht aus.

Im Verborgenen entwickelt sich jedoch allmählich ein tiefes Unwohlsein sowie eine grosse Angst und Druck, alle Verpflichtungen zu erfüllen sowie die täglichen Herausforderungen zu meistern. Im Inneren der Betroffenen nehmen Erschöpfung, Müdigkeit, Versagensängste, Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung zu.

Hilfe suchen fällt Betroffenen schwer

Menschen, die an einer Depression leiden aber gleichzeitig in der Lage sind ihren Alltag aufrechtzuerhalten bzw. «zu funktionieren» haben oft einen langen Leidensweg hinter sich, bevor sie sich Hilfe suchen. Sie haben ihre eigene Strategie entwickelt, um mit der Erkrankung und ihrer Situation klar zu kommen. Da vor allem leistungsorientierte und perfektionistische Menschen von dieser Art der Depression betroffen sind, bewegen sie sich in einem ständigen Spannungsfeld zwischen Erschöpfung und den hohen Leistungserwartungen an sich selbst. Viele haben Hemmungen, sich anderen anzuvertrauen und die inneren Gefühle preiszugeben. Meist schwingt die Angst mit, als «verrückt» oder Versager zu gelten. Betroffene zwingen sich oft so lange weiterzumachen, bis sie nicht mehr können. Holen sich die Patienten nicht rechtzeitig professionelle Hilfe droht eine Chronifizierung der Erkrankung bis hin zum Suizid.

Keine signifikanten Unterschiede in der Behandlung

Die Therapie dieser Art der Depression bzw. der sogenannten Dysthymie fusst ebenso wie die Behandlung der «klassischen» Depression auf einem Dreiklang aus:

– Sprachbezogener Psychotherapie
– kreative Therapien wie beispielsweise Kunst-, Musik- und Bewegungstherapien
– dem vorübergehenden Einsatz klug gewählter Psychopharmaka
Mit einer raschen Behandlungsaufnahme und individualisierten Therapie, können mehr als 2/3 der Betroffenen nachhaltig genesen.

Dr. med. Marc Risch

Zum Autor
Dr. med. Marc Risch, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Er studierte Humanmedizin in Zürich und Innsbruck und schloss sein Studium in Innsbruck mit einem Doktorat ab. In den weiteren Jahren absolvierte er vertiefende Ausbildungen unter anderen in den Bereichen Krisenintervention, wo er zusammen mit seiner Frau als Ausbildner für das Rote Kreuz tätig war. Seit 2012 führt der Psychiater seine eigene Praxis in Schaan und arbeitet als Chefarzt im Clinicum Alpinum.

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