Long Covid: Die Corona-Pandemie schafft ein neues Krankheitsbild und braucht neue Antworten…

Wer die akute COVID-19 Erkrankung überstanden hat, ist oft noch nicht gesund. Die bisher grösste Studie über Spätfolgen einer Corona-Infektion zeigt: Drei Viertel (76%) haben noch mindestens ein Symptom, und fast zwei Drittel (63%) leiden an Erschöpfung und Muskelschwäche. Verbreitet sind auch Schlafstörungen, Angstattacken, Depressionen sowie Unterfunktion der Lunge. 13% leiden an einer Nieren-Unterfunktion. Die Symptome können so gravierend sein, dass eine Teilhabe am Alltag und das Funktionieren im Berufsleben unmöglich sind.

Das Bewusstsein für Post Covid bzw. Long Covid wächst zu langsam

Den Terminus für dieses «neue» Krankheitsbild wurde nicht von den Ärzten oder Wissenschaftlern gesetzt, sondern haben die Betroffenen selbst ins Leben gerufen. Diese Betroffenen standen vor der Infektion mit beiden Beinen im Leben. Die Spätfolgen haben sie körperlich gebrochen, psychisch sind die meisten angeschlagen. Denn sowohl in der Politik als auch in unserem Gesundheitswesen rückt «Post Covid» bzw. «Long Covid» nur langsam ins Bewusst-sein der Menschen. Spezifische Sprechstunden bzw. Behandlungsangebot sind in unserer Region noch rar.
Für Betroffene eine zermürbende Situation: sie haben einen hohen Leidensdruck ohne konkrete medizinische Anlaufstelle bzw. konkrete Behandlungsansätze.

Individualisierte Behandlung nötig

Wo sind betroffene Patienten am besten aufgehoben? In einer somatischen Reha? Einer psychosomatischen Klinik? Keiner kann eine passende Antwort geben. Eine eindeutiger Diagnosecode für Post Covid bzw. Long Covid fehlt, – genauso erprobte Therapieangebote.?
Das Coronavirus und mit ihm auch die Langzeitfolgen sind noch zu neuartig, um bereits auf etablierte Leitlinien für deren Behandlung zurückgreifen zu können. Jedoch kann auf Therapieempfehlungen und langjährige Erfahrung in der Behandlung von Erschöpfungszuständen, chronischen Schmerzsyndromen und den relevanten psychischen Störungen zurückgegriffen werden und diese entsprechend abgeleitet werden. Bei einem Post-Covid-Syndrom macht es zudem Sinn, die eigene Leistungsfähigkeit nicht zu überfordern, sondern sich Aufgaben eher in kleinere, bewältigbare Einheiten zu unterteilen. Das Setzen von Prioritäten ist ebenfalls wichtig. Anstrengende Aufgaben sollten am besten über die Woche verteilt werden.

Zudem sind die Spätfolgen und auch deren Ausprägung so vielseitig, dass man nicht einfach nach Schema xy therapieren kann. Ziel eines Behandlungsangebotes für dieses Krankheitsbild muss es daher sein, einen auf die individuellen Bedürfnisse der Patienten zugeschnittener Therapieplan zu entwickeln und personalisierte Zugänge zu den Ressourcen des Betroffenen freizulegen.

Wo finden Betroffene Hilfe?

Im Gegensatz zu unserem Einzugsbereich ist Grossbritannien derzeit führend, wenn es darum geht entsprechende Behandlungsplätze und Therapieangebot für Betroffene zu schaffen. «Es ist dringend notwendig, dass diese vielen Betroffenen eine bessere Behandlung und Beratung erhalten», sagt der Politaktivist Che Wagner, der einen Appell von Long-Covid-Betroffenen an den Bundesrat mitorganisiert hat. «Je länger wir zuwarten, umso grösser werden das individuelle Leid und der gesellschaftliche Schaden.»

Unsere Klinik bietet zusammen mit erfahrenen Kooperationspartnern aus der somatischen Medizin und der Labormedizin ein individuelles neuropsychiatrisches Behandlungsangebot für Patientinnen und Patienten, die unter den sogenannten «Post-COVID-Symptomen» leiden. Der Schwerpunkt unserer PostCovid Behandlung liegt darin, die Krankheitssymptome zu bewältigen und zu therapieren. Ziele sind die körperliche Regeneration, die Verbesserung der Alltagsfunktionen und Teilhabe. Die Psychotherapie hilft dabei, die oft schwerwiegenden psychischen Folgen einer Corona-Infektion zu verarbeiten, resp. die Krankheitsbewältigung (Co-ping) besser an die Realität anzupassen.

Zum Autor
Dr. med. Michael Holzapfel studierte Humanmedizin in Turin (Italien) und Frankfurt. Er promovierte auf dem Gebiet Psychosomatische Medizin und schloss sein Studium mit einem Doktorat ab. Seit 1996 ist Michael Holzapfel als Mediziner in der Schweiz tätig. uletzt arbeitete Michael Holzapfel als Stv. Klinikleiter für Psychosomatik am Kantonsspital St. Gallen.
Seit November 2020 ist Michael Holzapfel Co-Chefarzt des Clinicum Alpinums. Michael Holzapfel lehrt zudem weiterhin als Dozent am Institut für Humanwissenschaftliche Medizin in Zürich.

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