«Einen an der Waffel haben … »

Psychiatrie: Die Sprache als Skalpell oder warum schweigen wirklich Gold ist.

Im Zuge unserer Vortragstätigkeit versuchen wir die Gäste immer wieder, auch auf den alltagsbezogenen Sprach-Umgang mit psychischen Erkrankungen hinzuweisen. Das führt wiederholt zu Lachern, die zuerst aber im Hals der Gäste steckenbleiben. Wir möchten hier sensibilisieren. Was so salopp dahergeredet wird, kränkt Betroffene. Zudem werden diese Redewendungen der komplexen Phänomenologie bei psychischen Erkrankungen in keiner Weise gerecht.

Die meisten sind mit Ausdrücken wie «der hat doch eine Schraube locker» vertraut.
Aus Anlass der Vorweihnachtlichen Zuckerbäckereien passt der Ausspruch: «Einen an der Waffel haben!». Aber auch Sanitärinstallateure kennen das Thema «nicht ganz dicht zu sein». Diese Idee impliziert, dass durch Beibringung einer Dichtung, schliesslich auch ein psychisches Problem einfach mechanisch «zu fixen» ist. Ähnlich ist es mit der Aussage aus dem Bereich des Fahrrades: «ein Rad abhaben» – Rad ab – Rad dran: mission accomplished.

Aus dem Bereich der Tierwelt wird der Meise erklärende Wirkung zugeschrieben, im Sinne von: «Die hat doch eine Meise». Aus dem Bereich der Küchenaustattung wird oft gehört, dass jemand «einen Sprung in der Schüssel habe» oder «nicht alle Tassen im Schrank» seien. Die Radio- und Fernsehtechnik, spricht von «mentalem Wackelkontakt oder eine Signalstörung im Sinne von: «Der ist doch voll gestört!» Als dann aus der Kleingartenkolonie wird das Sinnbild des Zauns strapaziert und gemäkelt: «Der hat doch nicht alle Latten am Zaun». «Einen Dachschaden haben» würde alsdann bei konsequenter, gedanklicher Weiterüberlegung dazu führen, dass der Psychiater zum Dachdecker mutiert. Die Liste liesse sich noch lange fortschreiben …

All diesen Zuschreibungen gemein ist, dass sie eine sehr mechanische und objektbezogene Erklärung für psychisches Kranksein bereithalten und bei Betroffenen aber auch bei Angehörigen als abwertend erlebt werden. Darum: Nennen wir die Dinge doch beim Namen – und wenn wir uns nicht auskennen: Reden ist Silber …

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