Gereiztheit und Aggression bei Depressionen

Gerade bei Männern sind Gereiztheit und Aggressionen bei Depression ein häufiges Symptom. Wie man damit umgehen kann, erklären wir in unserem Ratgeber

Wenn Gereiztheit und Aggression Anzeichen für eine Depression sind

Bei Depressionen denken die meisten an Niedergeschlagenheit und Antriebslosigkeit. Kaum jemand würde davon ausgehen, dass Aggressionen und Gereiztheit ebenso Symptome von Depressionen sein können. Doch gerade bei Männern sind diese häufig. Männer leiden ebenso oft wie Frauen an Depressionen – so können etwa auch Väter von Depressionen nach der Geburt betroffen sein – doch da sie sich in den Symptomen unterscheiden, werden diese meist nicht so schnell diagnostiziert. Mit ein Grund dafür, warum Depression als Krankheit mit vielen Irrtümern kämpft.

Warum Depressionen bei Männern oft schwierig zu diagnostizieren sind

Die für Depressionen als typisch angesehene Freudlosigkeit und Niedergeschlagenheit tritt bei Männern oft in den Hintergrund und wird von anderen Symptomen überlagert. Sie treten oft feindselig und abweisend auf und bitten weniger oft um Hilfe, was es schwieriger macht, die Depression zu erkennen. Auch führen sie selbst häufig ihre psychischen Probleme auf Stress und berufliche Belastungen (und den damit oft verbundenen Perfektionismus) zurück und erkennen daher nicht, dass eine Erkrankung dahinterliegen könnte. Hinzu kommt auch, dass Männer aufgrund von Rollenklischees dazu neigen, als typisch weiblich empfundene Depressionssymptome wie Traurigkeit und Niedergeschlagenheit vor ihrer Umwelt zu verbergen.

Häufige Symptome von Depression bei Männern

Da bei Depressionen bei jedem Patienten unterschiedliche Symptome und Probleme zusammenkommen, die sich überlagern, ist es schwierig, allgemein von Depressionssymptomen zu sprechen. Folgende treffen bei Männern jedoch häufig zu:
• Aggression
• Gereiztheit
• herabgesetzte Stresstoleranz
• Risikobereitschaft und antisoziales Verhalten
• exzessiver Konsum von Alkohol und/oder Zigaretten
• Schlafstörungen
• Antriebslosigkeit
• Unlust
• Traurigkeit

Aggression und Gereiztheit treten vor allem in Phasen auf, in denen den Betroffenen Niedergeschlagenheit und Antriebslosigkeit nicht so deutlich anzumerken ist. Reizbarkeit und aggressives Verhalten können auch Anzeichen für einen längeren und schwereren Krankheitsverlauf sein, wie eine amerikanische Studie nahelegt.

Was tun, wenn der Partner aufgrund einer Depression aggressiv wird?

Sowohl autoaggressives Verhalten als auch Aggressionen gegenüber anderen kommen bei an Depressionen Erkrankten vor. Bei Aggressionen gegen den Partner ist es wichtig, diese in einer ruhigen Phase zu thematisieren und die Gründe zu erörtern – meist kann sich der Patient selbst nicht erklären, warum er aggressiv geworden ist. Hilfreich kann es hier auch sein, Dritte ins Vertrauen zu ziehen, etwa den Hausarzt um ein gemeinsames Gespräch zu bitten. Bei Anzeichen von Autoaggression wiederum geht es darum, diese genau zu beobachten und eine Vertrauensbasis zu schaffen, um diese zu anzusprechen und Hilfe anzubieten.

Wo und wie Hilfe holen bei Aggressionen und Gereiztheit?

Depressive Männer bitten oft nicht um Hilfe, sondern kritisieren, etwa auch die behandelnden Ärzte und Psychotherapeuten für ihre Vorschläge und Behandlungsangebote. Erst wenn der Leidensdruck zu groß wird und etwa Schlaflosigkeit oder Erschöpfungsgefühle überhandnehmen, sind viele schließlich bereit, Hilfe anzunehmen.
Dabei ist eine frühzeitige Therapie entscheidend, um den Verlauf der Krankheit zu mildern und die Krankheitsdauer zu verkürzen. Wichtig ist auch, dass die Therapie lange genug durchgeführt wird, denn einer der häufigsten Gründe, woran Behandlungen scheitern, ist, dass die Behandlungsdauer zu kurz ist.
Wenn Aggression ein dominierendes Symptom der Erkrankung ist, ist es wichtig, in der Therapie erst auf diese einzugehen und Strategien zur Aggressionsbewältigung zu entwickeln. Je nach Schwere und Verlauf der Krankheit ist es notwendig, eine psychotherapeutische Behandlung durch Medikamente und weitere Behandlungen zu begleiten, etwa zum Erlernen von Entspannungstechniken und zum Stressabbau.

Dr. med. Marc Risch

Zum Autor
Dr. med. Marc Risch, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Er studierte Humanmedizin in Zürich und Innsbruck und schloss sein Studium in Innsbruck mit einem Doktorat ab. In den weiteren Jahren absolvierte er vertiefende Ausbildungen unter anderen in den Bereichen Krisenintervention, wo er zusammen mit seiner Frau als Ausbildner für das Rote Kreuz tätig war. Seit 2012 führt der Psychiater seine eigene Praxis in Schaan und arbeitet als Chefarzt im Clinicum Alpinum.

Haben Sie Fragen zu dieser Thematik?
Wünschen Sie mehr Informationen?
Können wir Ihnen als Betroffene oder Angehörige Hilfe anbieten?
Rufen Sie uns an +423 238 85 00
oder schreiben Sie uns gerne jederzeit office@clinicum-alpinum.li.
Wir sind für Sie da.

Teilen mit: