Psychotherapie: Wieso werden Therapien frühzeitig abgebrochen?

Millionen von Menschen geraten in eine seelische Krise und beginnen eine Psychotherapie. Doch wie ein Medikament, löst auch die Psychotherapie die Probleme nicht auf Knopfdruck. Einer von fünf Patienten bricht die Therapie ab, bevor sie regulär zu Ende ist. Woran liegt dies?

Psychotherapie wirkt

Grundsätzlich ist eine Psychotherapie bei psychischen Erkrankungen sinnvoll und hochwirksam. Zahlreiche Studien belegen, dass eine anerkannte Psychotherapie bei mittelschweren Depressionen vergleichbare Erfolge erzielt, wie eine medikamentöse Antidepressiva-Therapie. Eine erfolgreiche Therapie hat dann eine Chance, wenn sich der Patient einem erfahrenen und integren Psychotherapeuten vollkommen öffnen kann. 65% der behandelten Personen geht es nach einer Behandlung besser, dies hat ein Qualitätsmonitoring einer grossen Krankenkasse festgestellt. Ein statistischer Traumwert – denn nur wenige andere Heilverfahren egal ob Physiotherapie, Operation oder medikamentöse Therapien können mit solchen Erfolgsquoten glänzen. Wirkt Psychotherapie jedoch nicht oder nicht wie gewünscht, kann dies sowohl am Patienten als auch am Therapeuten liegen

Therapeut und Patient: wenn es nicht passt

Damit es zwischen dem Patienten und Therapeuten funktioniert, ist es essentiell, dass der Patient für seine Erkrankung den richtig ausgebildeten Therapeuten mit einem passenden Behandlungsangebot findet. Nur wenn der gewählte Therapeut über genügend Erfahrung mit dem entsprechenden Krankheitsbild verfügt, kann er eine erfolgsversprechende Behandlung anbieten. Nicht ausser Acht zu lassen ist das eigene Bauchgefühl: die Chemie zwischen Patienten und Therapeut muss von Anfang an und intuitiv stimmen.

Mehrere Eigenschaften zeichnen einen guten Therapeuten aus:

– er bringt viel Empathie mit

– zeigt echtes Interesse und ist gut vorbereitet auf den neuen Patienten

– verfügt über ein breites Methodenspektrum

– arbeitet strukturiert und klärt gleich zu Beginn der Behandlung die zu erreichenden Ziele

„Gute Therapeuten geben ihren Patienten sofort Werkzeuge mit auf den Weg, um die belastenden Symptome anzugehen“, so Dr. med. Marc Risch, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie.

Anfangsverschlechterung kritisch hinterfragen

Oft wird Betroffenen suggeriert, dass erst das Durcharbeiten von seelischem Schmerz und tiefen Tälern die erhoffte Erleichterung bzw. Heilung bringt. Diese Haltung eines Therapeuten ist sehr kritisch zu hinterfragen. Natürlich ist es für die Betroffenen sehr belastend, wenn sie sich mit ihrem Schmerz, ihren Symptomen und auch negativen, dunklen Kapiteln ihres Lebens konfrontieren müssen. Doch in der Regel sollte sich spätestens nach fünf bis zwölf Sitzungen eine deutliche Besserung zeigen. Wer nach ca. fünf Sitzungen kein gutes Gefühl hat, sollte dies unbedingt im Setting mit dem Therapeuten ansprechen und ggf. auch über einen Wechsel des Therapeuten oder des Psychotherapieverfahrens nachdenken. Reagiert der Behandler nach solchen Äusserungen gekränkt, sollten Patienten besonders hellhörig werden.

Es lohnt sich also bei der Wahl der Methode und des Behandlers genau hinzusehen und im Zweifelsfalle einen Wechsel in Erwägung zu ziehen.

Dr. med. Marc Risch

Zum Autor
Dr. med. Marc Risch, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Er studierte Humanmedizin in Zürich und Innsbruck und schloss sein Studium in Innsbruck mit einem Doktorat ab. In den weiteren Jahren absolvierte er vertiefende Ausbildungen unter anderen in den Bereichen Krisenintervention, wo er zusammen mit seiner Frau als Ausbildner für das Rote Kreuz tätig war. Seit 2012 führt der Psychiater seine eigene Praxis in Schaan und arbeitet als Chefarzt im Clinicum Alpinum.

Haben Sie Fragen zu dieser Thematik?
Wünschen Sie mehr Informationen?
Können wir Ihnen als Betroffene oder Angehörige Hilfe anbieten?
Rufen Sie uns an +423 238 85 00
oder schreiben Sie uns gerne jederzeit office@clinicum-alpinum.li.
Wir sind für Sie da.

Teilen mit: