Guter Schlaf ist essentiell für das Wohlbefinden, was einem umso schmerzlicher bewusst wird, wenn er fehlt. Mit Schlafproblemen kämpfen viele Erwachsene, schieben das Zubettgehen auf oder liegen nachts wach. Gerade bei depressiven Patienten leiden bis zu 90% auch unter Schlafstörungen – doch was ist zuerst da, die Schlafstörung oder die Depressionen? Wie beeinflussen Schlafroutine und Depressionen einander? Und was verhilft wieder zu besserem Schlaf?
Schlafstörungen auf den Grund gehen
Schlafstörungen können vielfältige Ursachen haben – diverse Erkrankungen oder auch Probleme, die einen ins nächtliche Grübeln bringen, führen dazu, dass man sich ruhelos im Bett herumwälzt. Nicht unterschätzt werden sollte auch Stress als Auslöser von Schlafstörungen. Von einer Schlafstörung spricht man allerdings erst, wenn eine Person über einen längeren Zeitraum von mehreren Wochen hinweg Probleme mit dem Ein- oder Durchschlafen hat; handelt es sich schon um Monate, wird es als chronische Schlafstörung bezeichnet. Ebenso wie Schlafstörungen vielfältige Auslöser haben, haben sie auch viele Krankheiten zur Folge – möglich sind etwa erhöhter Blutdruck, Adipositas, eine erhöhte Anfälligkeit für Infekte wie auch Depressionen. Gerade Depressionen können durch Schlafstörungen ausgelöst werden, weil sie unmittelbare Auswirkungen auf die Gemütslage haben. Daher erkranken Personen, die an Schlafproblemen leiden, bis zu zehn Mal so häufig an Depressionen wie Personen ohne Schlafprobleme.
Können auch Depressionen Schlafstörungen auslösen?
Ja, ebenso ist es möglich, dass erst die Depression zu Schlafproblemen führt, dass bei Depressionen die gewohnte Abendroutine nicht mehr greift, man nachts aufwacht oder in den Morgenstunden wach liegt. Oft beobachten Patienten Nervosität, Reizbarkeit und Erschöpfung an sich, die sie nicht gleich mit den Schlafproblemen in Verbindung bringen, weil ihnen nicht bewusst ist, dass der Schlafmangel weitreichende Folgen haben kann.
Bei Depressionen sind die Schlafstörungen zudem oft tiefgreifender, wie neue Studien zeigen: So wirken sich Depressionen auf den REM-Schlaf aus, depressive Personen haben die erste REM-Schlafphase früher in der Nacht als Gesunde, die Störung der Schlafphasen kann sogar so weit gehen, dass die erste REM-Phase noch vor dem Tiefschlaf auftritt. Auch unterscheidet sich der Hormonhaushalt von depressiven Personen von Gesunden nachts dadurch, dass verstärkt Kortisol ausgeschüttet wird, was ebenfalls zu Schlafstörungen führt, wie Forschungen am Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München zeigen.
Schlafroutine bei Depressionen – was kann helfen?
Eines ist klar: Liegt eine andere Erkrankung zugrunde, wird eine beruhigende Abendroutine allein nicht ausreichen, um die Schlafstörungen zu beseitigen. Regelmäßige Schlafenszeiten (auch am Wochenende um die gleiche Zeit schlafen gehen und aufstehen), Einschlafrituale und Entspannung vor dem Einschlafen können aber dazu beitragen, dass der Körper in einen guten Schlafrhythmus zurückfindet. Zu den häufigsten Tipps für eine gute Schlafroutine bei Depressionen gehören außerdem:
• für eine kühle Temperatur im Schlafzimmer sorgen (18 bis 22 Grad)
• leichte Mahlzeiten am Abend und zwei Stunden vor dem Zubettgehen nichts mehr essen
• abends auf Handy und Laptop verzichten, um blaues Licht zu vermeiden
• Bett nur zum Schlafen verwenden (nicht lesen, fernsehen o.Ä.)
Wenn man nachts aufwacht und nicht mehr einschlafen kann, hilft es oft eher, aufzustehen und sich eine ruhige Tätigkeit zu suchen, als im Bett zu bleiben und sich herumzuwälzen. Was noch helfen kann, das nächtliche Gedankenkarussell zu stoppen, verrät unser Artikel „Warum sind unsere Sorgen in der Nacht schlimmer“.
Wenn man allein nicht mehr weiterkommt – Hilfe suchen bei Schlafproblemen und Depressionen
Schlafstörungen, ob sie allein auftreten oder in Zusammenhang mit einer Depression, sollten professionell behandelt werden, wenn sie über längere Zeit hinweg die Leistungsfähigkeit und die Befindlichkeit stark beeinträchtigen. Professionelle Hilfe durch Psychotherapeuten und Ärzte kann helfen, wieder zu einer gesunden und ausgewogenen Schlafroutine bei Depressionen zu finden. Wichtig zu wissen ist dabei, dass in der Regel eine Behandlung mit Antidepressiva auch die begleitenden Schlafstörungen verbessert. Wenn Sie in Erwägung ziehen, professionelle Hilfe für Ihre Schlafprobleme und Depressionen zu suchen, ist als erster Schritt hilfreich, wenn Sie über einige Wochen hinweg ein Schlaftagebuch führen – wann gehen Sie schlafen, wie lange dauert das Einschlafen, wie oft wachen Sie auf, wann sind Sie aufgestanden, wie müde fühlen Sie sich während des Tages, etc.
Mehr zu unserem Behandlungszugang bei Schlafproblemen, der auch die neuesten Erkenntnisse der Chronobiologie berücksichtigt, erfahren Sie auf unserer Behandlungsseite zu Schlafstörungen.
Zum Autor
Dr. med. Marc Risch, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Er studierte Humanmedizin in Zürich und Innsbruck und schloss sein Studium in Innsbruck mit einem Doktorat ab. In den weiteren Jahren absolvierte er vertiefende Ausbildungen unter anderen in den Bereichen Krisenintervention, wo er zusammen mit seiner Frau als Ausbildner für das Rote Kreuz tätig war. Seit 2012 führt der Psychiater seine eigene Praxis in Schaan und arbeitet als Chefarzt im Clinicum Alpinum.
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