Depression: Männer leiden anders

Männer sind stark, belastbar, mutig, tapfer und hart im Nehmen. Ein Mann, der an einer Depression leidet, passt nicht in unser gewohntes Bild. Doch Männer sind trotz ihrer Attributzuschreibung nicht vor einer Depression geschützt. Ihre Symptome unterscheiden sich aber deutlich von ihren weiblichen Mitmenschen.

Männer sind oft unterdiagnostiziert

Depressionen zählen zu den häufigsten psychischen Erkrankungen. Weltweit leiden aktuell mehr als 300 Millionen an einer depressiven Episode – Tendenz steigen. Studien belegen, dass insbesondere Frauen zu depressiven Störungen neigen. Doch es gibt auch andere Zahlen, so ist die Suizidrate bei Männern wesentlich höher als bei Frauen. Wie passt dies zusammen? In der Praxis zeigt sich deutlich, dass Depressionen bei Männern oft nicht erkannt werden. Weder von Laien noch von Medizinern.
Die protypischen Symptome in der Depressionsdiagnostik (orientiert an ICD 10) gelten als eher «weibliche» Symptome. Jedoch leiden depressive Männer eher atypisch, sodass sie der Schwellenwert für eine klinische Depression oft nicht erreicht wird.

Symptome unterscheiden sich deutlich

Natürlich können auch Männer traurig, antriebslos und hoffnungslos sein. Doch im Gegensatz zu Frauen, bei denen sich Depressionen u.a. durch häufiges weinen, grübeln, Selbstzweifel und Angstzustände äussern, stehen bei den männlichen Betroffenen am Anfang einer Depression oft folgende Symptome:

– Erhöhte Reizbarkeit
– Aggression und Wutausbrüche
– ein ausgeprägtes Leistungsdenken
– erhöhte Risikobereitschaft (z.B.im Sport oder Strassenverkehr)
– exzessivem Alkohol- oder Nikotinkonsum
Die Rückzugstendenz, d.h. der Interessensverlust an Hobbies und der Rückzug aus dem sozialen Umfeld (Familie, Freunde) ist sowohl bei betroffenen Männern als auch Frauen fast immer zu beobachten. Beide Geschlechter stecken die verbleibende Energie, solange dies möglich ist, in die Notwendigkeit des Lebens (dem Beruf nachgehen, die Familie versorgen etc.). Ein weiteres Symptom, welches meist bei allen depressiven Patienten auftritt, sind Schlafstörungen.

Keine signifikanten Unterschiede in der Behandlung

Emotionale Probleme werden vom männlichen Geschlecht selten benannt. Sich eine depressive Störung einzugestehen oder gar Hilfe in Anspruch zu nehmen, bedeutet im traditionellen Männlichkeitsskript ein Status-, Männlichkeits- und Identitätsverlust, welcher solange wie möglich vermieden werden muss. Daher versuchen Männer häufig – aber nahezu erfolglos – die Erkrankung selbst zu behandeln, bevor sie zum Arzt gehen. Eine professionelle Therapie ist aber empfehlenswert, da eine Depression ist sehr gut behandelbar. Je schneller die De-pression diagnostiziert und professionelle Hilfe in Anspruch genommen wird, umso grösser sind die Heilungschancen. Die Behandlung einer Depression unterscheidet sich bei Männern und Frauen nicht signifikant. Beide Geschlechter sprechen gut auf Psychotherapie und, wenn notwendig, auf antidepressive Medikamente an, wobei sich bei den Antidepressiva die Dosierung bei Männern und Frauen oft unterscheidet: So benötigen Männer oft eine höhere Dosierung als das weibliche Geschlecht.

Dr. med. Marc Risch

Zum Autor
Dr. med. Marc Risch, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Er studierte Humanmedizin in Zürich und Innsbruck und schloss sein Studium in Innsbruck mit einem Doktorat ab. In den weiteren Jahren absolvierte er vertiefende Ausbildungen unter anderen in den Bereichen Krisenintervention, wo er zusammen mit seiner Frau als Ausbildner für das Rote Kreuz tätig war. Seit 2012 führt der Psychiater seine eigene Praxis in Schaan und arbeitet als Chefarzt im Clinicum Alpinum.

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