Der Depression davon laufen – wie Bewegung gegen Depression hilft

Antriebslos, bedrückt, hoffnungslos, einsam, müde und gereizt: eine Depression äussert sich durch mannigfaltige Symptome. Nicht selten ist die seelische Not so gross, dass Betroffene sogar mit Suizidgedanken konfrontiert sind. Die gute Nachricht: eine Depression ist sehr gut behandelbar. Die moderne Behandlung der Depression integriert neben den bekannten «Pfeilern» der Psychotherapie und dem Einsatz klug gewählter Psychopharmaka auch Bewegung. Klar, Sport ist gesund. Aber tatsächlich so gesund, dass er gegen psychische Erkrankungen hilft?

Zusammenhang wissenschaftlich belegt

Schon bei den alten Griechen wurde melancholischen Menschen geraten, sich viel zu bewegen. Heute ist der Zusammenhang, inwieweit sich körperliche Betätigung eignet, die Schatten von der Seele depressiver Menschen zu vertreiben mehrfach wissenschaftlich untersucht. Das Ergebnis: Sport ist ein wirksames Mittel gegen Schwermut.
So nahmen beispielsweise amerikanische Forscher die langfristigen Auswirkungen sportlicher Betätigung unter die Lupe. 156 Patientinnen und Patienten wurden dazu, nach dem Zufallsprinzip, in drei Gruppen eingeteilt. Die erste Gruppe wurde rein medikamentös behandelt, die zweite Gruppe nahm Psychopharmaka und absolvierte gleichzeitig regelmässig ein spezielles Ausdauertraining. Die letzte Gruppe nahm lediglich am Sportprogramm teil. Ergebnis: Die Kombination aus Sport- und medikamentöser Therapie half den Betroffenen am meisten.
Auch andere wissenschaftliche Studien belegen, dass bei leichten bis mittelschweren Depressionen eine Bewegungstherapie ähnlich wirksam ist wie die klassischen Kombination Pharmakotherapie und Psychotherapie. Aus diesem Grund ist es für uns unerlässlich bei der Behandlung der Depression konsequent auf eine Art «Dreiklang» zusetzen. Dieser setzt sich auch sprachbezogenen Psychotherapie-verfahren, nichtsprachbezogenen Therapien wie beispielsweise Kreativ- und Bewegungstherapie, sowie dem vorübergehenden Einsatz klug gewählter Psychopharmaka zusammen.

Welche Wirkung löst Sport aus?

Körperliche Betätigung führt zu verschiedenen Mechanismen, welchen eine stimmungsaufhellende Wirkung zugrunde liegt:
– Bewegung führt dazu, dass der Körper Nervenwachstumsfaktoren ausschüttet, was wiederum hilft, dass sich neue Nervenzellen oder Synapsen bilden

– Sport bewirkt eine Veränderung der Hirnchemie. Körperliche Anstrengung kurbelt die Ausschüttung von Neurotransmitter wie Serotonin, Noradrenalin und Dopamin an

Damit scheint Sport im Gehirn einen ähnlichen Wirkmechanismus im Hirn zu bewirken wie viele Antidepressiva.Entscheidender Effekt ist jedoch vor allem die psychotherapeutische Komponente. So bewirken Depressionen, dass Betroffene sich antriebs- und lustlos fühlen, müde sind und sich zu-rückziehen. Ein Teufelskreis, der für Patientinnen und Patienten nur schwer zu durchbrechen ist. Körperliche Betätigung und die damit verbundenen Erfolgserlebnisse können diesen Kreis-lauf durchbrechen. Sport gibt den Betroffenen das Gefühl, wieder eigenständig etwas für ihre Genesung zu tun. Ausserdem lenkt Bewegung von negativen Gedanken ab, wodurch man der Depression eine Weile den Rücken kehren kann.

Jeder Anfang ist schwer

Schon für gesunde Menschen ist es oft schwierig, sich zum Sport aufzuraffen. Depressive Menschen stehen da vor einer schier unüberwindbaren Hürde. Schon der Kampf morgens aus dem Bett aufzustehen, sich anzuziehen oder gar zur Arbeit zu gehen, ist unvorstellbar schwierig. Wie also sich auch noch zum Joggen überwinden? Es gibt einige Tipps, welche unsere Therapeuten auch an unsere Patientinnen und Patienten weitergeben. Wer in der Gruppe trainiert, sagt seltener ab, Wer sich nach dem Sport belohnt hat ein Ziel. Ausserdem ist es essentiell eine angenehme Atmosphäre zu sorgen, wer also nicht gerne im Schwimmbad oder Fitnessstudio ist, der sollte sich auch nicht dazu zwingen. Denn wenn durch die sportliche Betätigung Stress hinzukommt, ist der positive Effekt aufgehoben. Und wer sich anfangs nicht zum regelmässigen Joggen motivieren kann, der fängt besser mit einem Spaziergang im Wald an.

Dr. med. Marc Risch

Zum Autor
Dr. med. Marc Risch, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Er studierte Humanmedizin in Zürich und Innsbruck und schloss sein Studium in Innsbruck mit einem Doktorat ab. In den weiteren Jahren absolvierte er vertiefende Ausbildungen unter anderen in den Bereichen Krisenintervention, wo er zusammen mit seiner Frau als Ausbildner für das Rote Kreuz tätig war. Seit 2012 führt der Psychiater seine eigene Praxis in Schaan und arbeitet als Chefarzt im Clinicum Alpinum.

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