Der Kampf gegen das Morgentief

Der Wecker klingelt und am liebsten würde man sich noch Stunden unter der Bettdecke verkriechen. Jeder kennt solche Tage, an denen es einem schwer fällt, das Bett zu verlassen und in die Gänge zu kommen. Erst wenn man sich über einen längeren Zeitraum bereits zu Beginn des Tages kraft- und energielos, erschöpft, traurig und/oder schwermütig fühlt, kann dies auf ein sogenanntes (emotionales) Morgentief (auch Stimmungstief genannt) hinweisen.

Was ist ein Morgentief?

Von einem Morgentief wird gesprochen, wenn der Betroffene am Morgen – trotz ausreichend Schlaf in der Nacht – niedergeschlagen, hoffnungslos und verzweifelt aufwacht. Die Stimmung befindet sich schon unmittelbar nach dem Aufwachen auf dem absoluten Tiefpunkt. Hält ein solches frühmorgendliches, missmutiges Stimmungstief über mehrere Wochen an, so kann dies auch auf eine depressive Erkrankung hinweisen und eines von vielen Symptomen der Depression darstellen. Weitere Symptome beschreibt unser FAQ über die Depression. Unter welchen Symptomen insbesondere Frauen leiden, zeigt der Artikel über Depression bei Frauen.
Bei der Depression ist es so, dass die Symptomatik oft Tagesschwankungen unterworfen ist und bestimmte Symptome entweder am Morgen oder am Abend deutlich stärker spürbar sind. Personen, welche unter einem Morgentief leiden, schildern häufig, dass das Gedankenkreisen, die Zukunftsängste, die Angst zu versagen und das Gefühl der Niedergeschlagenheit bereits mit dem ersten Augenaufschlag beginnen und die Intensität der Symptome den Start in den Tag deutlich beeinträchtigen würden. Im Verlaufe des Tages würden die Symptome in ihrer Intensität häufig nachlassen, so dass sie am Mittag oder am Abend weniger stark seien als am Morgen. Das heisst, dass sich die gedrückte Stimmung, die Ängste und/oder die Lethargie im Laufe des Tages bessern oder sogar bis zum Abend weitgehend normalisieren können.

Bei einem Morgentief stehen die folgenden Symptome im Vordergrund:

  • Schwierigkeiten das Bett zu verlassen
  • Gefühl der Leere
  • Überwindung und Anstrengung, anfangs nur bei aufwändigen und unbeliebten Tätigkeiten, später auch bei alltäglichen Tätigkeiten wie Duschen oder Zubereitung von Kaffee
  • Überempfindlichkeit und Gereiztheit
  • verzögertes kognitives und körperliches Funktionieren
  • Ängste, dass sich der Zustand im Laufe des Tages nicht (mehr) verbessert

Warum leidet man an einem Morgentief

Das Morgentief der Depression wird häufig durch eine Störung der eigenen inneren Uhr bzw. des sogenannten zirkadianen Rhythmus verursacht. Die innere Uhr reguliert alles von der Herzfrequenz bis zur Körpertemperatur. Sie beeinflusst unsere Energie, unsere Wachheit, unser Denken und unsere Stimmung. Sie hilft uns dabei, eine stabile Stimmung zu bewahren und sorgt dafür, dass wir gesund bleiben. Wenn unsere innere Uhr jedoch durcheinandergerät, dann kommt unser Körper in ein Ungleichgewicht, weil beispielsweise die Hormone (u. a. Kortisol und Melatonin) zur falschen Tageszeit und in der falschen Menge produziert werden. Der Körper ist dann nicht mehr in der Lage ausreichend dafür zu sorgen, dass wir uns während des Tages wach und fit, am Abend hingegen schläfrig und müde fühlen und uns in der Nacht erholen können. Dies wirkt sich negativ auf unsere körperliche Gesundheit und unser emotionales Wohlbefinden aus und kann zu verschiedenen körperlichen Erkrankungen (z. B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen) und psychischen Störungen (beispielsweise Depressionen) führen. Weiterführende Informationen zum zirkadianen Rhythmus liefert auch unser Artikel über Schlafstörungen.

So lässt sich ein Morgentief überwinden

Genau wie andere Symptome einer Depression ist auch das Morgentief gut behandelbar. Deshalb ist es ratsam beim Auftreten eines Morgentiefs über einen längeren Zeitraum professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Eine individualisierte, nachhaltige Therapie kann die Symptome einer Depression und somit auch das Morgentief erheblich lindern. Mithilfe einer Psychotherapie und dem Einsatz von Psychopharmaka (insbesondere Antidepressiva) können Patienten nachhaltig genesen. Nebst einer professionellen Therapie können die folgenden Massnahmen zur Stabilisierung des zirkadianen Rhythmus hilfreich sein:

  • auf Tagesschlaf verzichten
  • regelmässige Einnahme von Mahlzeiten
  • nachts eine schlaffördernde Umgebung schaffen (dunkle, stille und kühle Räume)
  • auf Koffein, Alkohol und Tabak verzichten
  • regelmässige sportliche Betätigung (wenn möglich täglich), jedoch keine anstrengenden körperlichen Aktivitäten nach dem Abendessen
  • Vermeidung von kaltweissem (blauen) Licht von Fernsehbildschirmen oder anderen elektronischen Geräten

Fabian Müller

Zum Autor
Fabian Müller, studierte Psychologie in Zürich und schloss sein Studium mit einem Master in klinischer Psychologie ab. Aktuell absolviert der Psychologe die Weiterbildung «Psychotherapie mit kognitiv-behavioralem und interpersonalem Schwerpunkt» am Klaus-Grawe-Institut in Zürich. Während dem Studium arbeitete er im Schlaflabor Fluntern in Zürich. Nach seinem Abschluss arbeitete er in der Klinik St. Pirminsberg in Pfäfers und war dort als Stationspsychologe auf der Entwöhnungsstation und Praktikumskoordinator im Bereich Psychologie tätig. Seit März 2019 arbeitet der Psychologe bei uns im Clinicum Alpinum.

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