Post-covid-Syndrom: genesen aber nicht gesund!

Wirklich gesund und komplett ausgeheilt fühlen sich viele Patienten nach einer überstandenen COVID-19 Erkrankung nicht. Laut Studien und Erfahrungen aus der Praxis leidet mindestens ein Drittel der COVID-Erkrankten an Spätfolgen. Dabei ist nicht nur die Lunge von Langzeitschäden betroffen. Zahlreiche Studien zeigen, dass Langzeitfolgen einer Corona Infektion mit einer Vielzahl von Symptomen einhergehen: organische Beschwerden, erheblich verminderte körperliche Leistungsfähigkeit stark ausgeprägte Müdigkeit (Fatigue), vielerlei Störungen im Bereich des Neurovegetativums, z.B. Konzentrationsschwäche aber auch psychische Leiden wie Depressionen, Angst-, Panik- und Zwangserkrankungen sowie posttraumatische Störungen kommen vor.

« Post-Covid Syndrom » oder « long covid »

Allein in der Schweiz leben derzeit mehr als 250’000 Menschen, die als Corona-Genesene gelten. Sie hatten sich mit dem neuartigen Coronavirus infiziert und haben es erfolgreich bekämpft. Jeden Tag kommen Tausende neue hinzu. Den meisten der Betroffenen geht es gut. Einige aber leiden auch Wochen oder Monate, nachdem das Virus aus ihrem Körper verschwunden ist, unter den Folgen der Infektion. Studien aber auch die Erfahrung aus der Praxis zeigen, dass auch eine überstandene Covid-19-Infektion bei einem nicht unbeträchtlichen Teil der Erkrankten zu medizinischen und psychischen Langzeit- und Spätfolgen führt: über 80% der stationär behandelten Corona-Patienten und etwa ein Drittel der im häuslichen Umfeld Genesenen berichten über anhaltende oder wiederkehrende Beschwerden, selbst Wochen und Monate nach überstandener Infektion. Man spricht in diesem Kontext von einem «Post-Covid-Syndrom» oder «long covid».

Welche Symptome stehen im Vordergrund ?

Nicht nur anhaltende Beschwerden der Lunge stehen bei Betroffenen mit Langzeitsymptomen im Vordergrund. Das Post-Covid-Syndrom zeichnet sich durch eine Vielzahl an Symptomen aus. Die körperlichen Beschwerden zeigen sich häufig wie folgt:

– stark ausgeprägte Müdigkeit (Fatigue)
– Kurzatmigkeit
– erheblich reduzierte körperliche Leistungsfähigkeit, reduzierte Gehstrecke
– Gefühl nicht mehr tief ein- und ausatmen zu können
– Schmerzen der Muskulatur, vor allem auch Kopfschmerzen
– kardiologische Probleme

Betroffene beschreiben vor allem auch anhaltende seelische und psychische bzw. neurologische Belastungen. Zu den am häufigsten verzeichneten Folgen nach der akuten Phase einer COVID-19-Erkrankung gehören rasche Erschöpfbarkeit und Abgeschlagenheit. Die Leistungsfähigkeit ist eingeschränkt:

– enorme Erschöpfung
– Einschränkung der kognitiven Fähigkeiten (insbesondere Einbussen der Gedächtnisleistung)
– Depressionen sowie Angst-, Panik- und Zwangserkrankungen
– Belastungsintoleranz

Stationär behandelte und z.T. beatmete Patientinnen und Patienten entwickeln zudem nicht selten posttraumatische Belastungsstörungen im Nachgang zur invasiven, intensivmedizinischen Behandlung.

Therapeutische Unterstützung auch nach der Akutphase sinnvoll

Das Coronavirus und mit ihm auch die Langzeitfolgen sind noch zu neuartig, um bereits auf etablierte Leitlinien für deren Behandlung zurückgreifen zu können. Jedoch kann auf Therapieempfehlungen und langjährige Erfahrung in der Behandlung von Erschöpfungszuständen, chronischen Schmerzsyndromen und den relevanten psychischen Störungen zurückgegriffen werden und diese entsprechend abgeleitet werden. Bei einem Post-Covid-Syndrom macht es zudem Sinn, die eigene Leistungsfähigkeit nicht zu überfordern, sondern sich Aufgaben eher in kleinere, bewältigbare Einheiten zu unterteilen. Das Setzen von Prioritäten ist ebenfalls wichtig. Anstrengende Aufgaben sollten am besten über die Woche verteilt werden. Die psychischen Symptome einer Post-Covid-Erkrankung können einerseits als Folge der langandauernden körperlichen Belastungen entstehen (sog. „somato-psychische“ Symptome), andererseits können diese aber auch durch die Infektion reaktiviert und intensiviert werden. Besonders bei lang andauernden affektiven Verstimmungen (z.B. Depression), bei Ängsten, Schlafstörungen und post-traumatischen Belastungssyndromen sollten Sie professionelle, psychotherapeutische Hilfe in Anspruch nehmen. Unsere Klinik bietet zusammen mit erfahrenen Kooperationspartnern aus der somatischen Medizin und der Labormedizin ein individuelles neuropsychiatrisches Behandlungsangebot für Patientinnen und Patienten, die unter den sogenannten «Post-COVID-Symptomen» leiden.
Geben Sie sich, Ihrem Körper und Ihrer Psyche Zeit, um mit den Folgen einer Corona-Infektion fertig zu werden. Eine psychotherapeutische Begleitung und Unterstützung auf dem Weg der Genesung macht auf jeden Fall Sinn!

Zum Autor
Dr. med. Michael Holzapfel, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Facharzt für Psychosomatische Medizin. Dr. med. Michael Holzapfel studierte Humanmedizin in Turin (Italien) und Frankfurt. Er promovierte auf dem Gebiet Psychosomatische Medizin und schloss sein Studium mit einem Doktorat ab. Seit 1996 ist Michael Holzapfel als Mediziner in der Schweiz tätig. Nach seiner Assistenzarzttätigkeit war er als Oberarzt u.a. an der Klinik im Zürichberg und am Unispital Zürich bei Prof. Claus Buddeberg tätig. Anschliessend fungierte er als ärztlicher Leiter des Care Point (C.G. Jung-Institut) in Zürich und baute nebenbei seine eigene Praxis auf. Zuletzt arbeitete Michael Holzapfel als Stv. Klinikleiter für Psychosomatik am Kantonsspital St. Gallen. Seit November 2020 ist Michael Holzapfel Co-Chefarzt des Clinicum Alpinums. Michael Holzapfel lehrt zudem weiterhin als Dozent am Institut für Humanwissenschaftliche Medizin in Zürich.

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