Erschöpfungsdepressionen kennen mittlerweile nicht nur vielbeschäftigte Manager, sondern auch immer mehr Schüler. Neben der Präsenzzeit in der Schule kommen die Jugendlichen mit Hausaufgaben und Lernen locker auf eine 40-Stunden-Woche. Die Stressbelastung nimmt teilweise so stark zu, dass die Schüler sich zurückziehen, Treffen mit Freunden absagen und depressiv werden.
Woher kommen der Stress und Druck?
Neben dem Druck, mit dem die sogenannten Helikopter-Eltern ihre Kinder überfordern, kommt der soziale Stress hinzu. In unserer Gesellschaft ist die Leistungsorientierung stark verankert, oft reicht ein genügender Schulabschluss nicht mehr, sondern er muss mit Auszeichnung bestanden werden. Auch die sozialen Medien tragen dazu bei, hier findet eine ständige Bewertung und ein konstanter Vergleich mit anderen statt. Dies führt dazu, dass Jugendliche ein geringeres Selbstwertgefühl entwickeln.
Hinzu kommt, dass sich Jugendliche während der Schulzeit generell in einem Wandlungsprozess befinden, sowohl geistig als auch körperlich findet eine starke Entwicklung statt. Fragen wie «Was will ich mit meinem Leben anfangen?» oder «Wer bin ich überhaupt?» stehen plötzlich im Zentrum. Fehlen dann klare Leitbilder oder soziale Vorbilder, finden Schüler noch weniger den Zugang zu ihrer eigenen Gefühlswelt. Hinzu kommt, dass den Jugendlichen oft ein Ausgleich wie beispielsweise durch Sport fehlt.
Von der Überlastung in die Depression
Die Erschöpfung bei Schülern beginnt, wie auch bei Erwachsenen, schleichend. Eltern, Lehrer oder das nahe Umfeld merken die Veränderungen oft zu spät. Geht eine Stressperiode in eine Erschöpfungsdepression über, zeigen sich Symptome wie:
– Schlafstörungen
– Konzentrationsstörungen
– Muskelverspannungen
– Leistungseinbrüche in der Schule
– körperliche Beschwerden wie Kopf- und Bauchschmerzen
– veränderte Essgewohnheiten
– gedrückte Stimmung
– sozialer Rückzug
Nicht alle diese Symptome deuten auf eine depressive Episode hin. Dennoch ist es aus nachfolgenden zwei Gründen wichtig, bei einem Verdacht oder verändertem Verhalten frühzeitig professionelle Hilfe beizuziehen:
1. Depressionen haben generell eine Neigung zur Chronifizierung – je länger sie anhält, desto schwerer und hartnäckiger werden die Symptome. Dadurch wird auch die Behandlung erschwert. Wenn bei einer Erkrankung rechtzeitig reagiert wird, kann mit geringeren und kürzeren Interventionen eine Besserung hergestellt werden.
2. Depressionen haben eine große Auswirkung auf das Alltagsleben der Jugendlichen. In Anbetracht dessen, dass der Zeitraum des Kindes- und Jugendalters ein besonders ereignisreicher und zukunftsweisender ist, kann eine Depression Einfluss auf die weitere Entwicklung wie die Schulbildung oder die Berufswahl haben.
Frühzeitig professionelle Hilfe in Anspruch nehmen
Damit eine vorübergehende Stressepisode nicht in einer Erschöpfungsdepression endet, sollten sich Schüler frühzeitig Hilfe holen.
In erster Linie sollte man sich an einen Kinder- und Jugendpsychiater oder fachspezifischen Psychotherapeuten wenden. Diese Fachpersonen sind in der Lage eine fundierte Diagnose zu stellen und die nötige Therapie in die Wege zu leiten. Leidet ein Kind oder ein Jugendlicher an leichten Depressionen reicht oft eine Kurzintervention, z.B. in Form einer Beratung oder einer unterstützenden Beobachtung.
Neben Fachpersonen wie Psychologen oder Psychiatern können auch erste Gespräche mit den Lehrern oder Eltern helfen. Denn schlussendlich geht es darum, die Belastung im Alltag zu analysieren. Welche Dinge stressen mich? Wo kann ich etwas ändern? Doch es wäre falsch, einfach weniger zu machen, denn es gibt guten Stress und schlechten Stress. Den Spass, den ein Schüler beispielsweise im Leichtathletiktraining oder im Klavierunterreicht hat, sollte man nicht streichen, obwohl diese Aktivitäten einen zusätzlichen Zeitaufwand bedeuten.
Zum Autor
Dr. med. Marc Risch, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Er studierte Humanmedizin in Zürich und Innsbruck und schloss sein Studium in Innsbruck mit einem Doktorat ab. In den weiteren Jahren absolvierte er vertiefende Ausbildungen unter anderen in den Bereichen Krisenintervention, wo er zusammen mit seiner Frau als Ausbildner für das Rote Kreuz tätig war. Seit 2012 führt der Psychiater seine eigene Praxis in Schaan und arbeitet als Chefarzt im Clinicum Alpinum.
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